TCM Medizin Traditionelle Chinesische Tai-chi Taiji Qigong Chen-Stil

Taijiquan bildet ähnlich wie Qigong eine der fünf Säulen der CM (chinesische Medizin) oder auch TCM (traditionelle chinesische Medizin).


Die Säulen der CM sind Akupunktur, Diätetik, Arzneimittellehre / Kräuterheilkunde, Tuina (chinesische manuelle Therapie) und eben Taijiquan und Qigong.
Der Name Taijiquan leitet sich von Taiji (das höchste Prinzip, nämlich das von Yin und Yang) in Verbindung mit Quan (Faust) her. Also einer Kampfkunst, die dem Prinzip von Yin und Yang folgt. Der Begriff Qigong setzt sich aus Qi (Lebensenergie oder auch Lebens-Atem) und Gong (intensives Arbeiten) zusammen. Es steht somit für die Arbeit mit der Lebensenergie, mit dem Zweck diese zu mehren.

Taijiquan das sämtliche Aspekte des Qigong ignorieren würde kann somit nicht wirklich als „Taiji“-Quan bezeichnet werden, da hierbei die Regulation der Dynamik von Yin und Yang keine Beachtung fände und somit das „höchste Prinzip“ außer Acht lassen würde.

 

Was heißt das aber für dein Training? Vom Prinzip her kannst du dich entspannt „zurücklehnen“ oder besser noch ganz normal mit dem Training fortfahren - es gibt nichts Zusätzliches zu beachten, wenn du den unterrichteten Prinzipien des CTND Taijiquan folgst und diese bei deinem persönlichen Training beachtest.

 

Wieso ist das so?

Unser Taijiquan entfaltet sein Potenzial in diversen Bereichen. Lass dir dazu kurz die Wirkebenen des Taijiquan bzw. des Qigong erklären:
- Konzentrative Wirkebene (gelenkte Aufmerksamkeit, Imagination)
- Wirkebene der Atmung (Atemlenkung, Atemvertiefung, etc.)
- Wirkebene der Bewegung
(Frei formuliert nach Greten Kursbuch TCM 2018)

 

Konzentrative Wirkebene

Diese rational kognitive Intelligenz entspricht dem Denken auf Großhirnebene. Sie ist im Normalfall für die Lösung von Herausforderungen oder Widersprüchen zuständig. Die Tücke dabei ist in der Regel, dass sich dieser Teil unserer Intelligenz immer wieder an die Erschaffung neuer „Probleme“ begibt, wo objektiv betrachtet keine existieren. Wenn dieser Teil des Gehirns damit beschäftigt ist die Formbewegungen zu memorieren und mit Sinn und Bedeutung zu füllen hat er weniger Kapazität zur „Problementwicklung“!

Dies führt unmittelbar zu größerer geistiger Entspanntheit oder Gelassenheit, die sich häufig schon direkt nach oder sogar beim Training einstellt.

 

Biologische Programmintelligenz

Die Intelligenz, die archaische Handlungsprogramme aktiviert wie z.B. Flucht und Kampf, etc.
Maßgeblich werden diese Reaktionsmuster vom Zustand der konzentrativen Wirkebene „getriggert“. Wenn das Programm einmal gestartet ist, ist es nicht so leicht wieder herunterzufahren und unterhält sich zum Teil selbst nach dem Motto Stress erzeugt Stress.

 

Somatische Intelligenz

Mit der somatischen Intelligenz (diese ist im limbischen System beheimatet - einem entwicklungsgeschichtlich alten Teil des Gehirns) ist die vegetative Regulation sämtlicher Prozesse des Körpers gemeint, die nicht direkt willentlich beeinflusst werden können. Verdauung, Blutdruck, etc. eine Ausnahme bildet der Atem, der zwar autonom gesteuert wird (das Atemzentrum lässt uns ja auch nachts weiteratmen), jedoch auch willentlich beeinflussbar ist.
Die TCM ist in der Regulation dieses Bereichs besonders wirksam. Gerade hier können die weichen und fließenden Bewegungen des Taijiquan sehr zügig einen positiv regulierten Zustand begünstigen.

 

Intuitive Intelligenz

Die „Intuition“ springt zwischen diesen drei oben genannten Systemen hin und her. Hierbei gibt es ein für uns „Westler“ häufig schwer verständliches Konzept: Wu Wei - Handeln durch Nicht-Handeln. Das Prinzip ist es einerseits während des Übens wach und voller Aufmerksamkeit zu sein und andererseits ein größtmögliches Maß an innerer Entspanntheit zu bewahren. Hierdurch werden die automatischen Programme des limbischen Systems gedämpft, die sonst in der Regel aus dem Stress heraus entstehen und eine weitere Stresskaskade zur Folge haben. Durch Entwicklung dieser inneren Gelassenheit kann Taijiquan auch als „Erkenntnisweg“ bezeichnet werden.

 

Die Wirkebene der Atmung

Eine Regulation der Atmung hat ebenfalls eine vielschichtige Wirkung interessanterweise wird der Atem in der chinesischen Bewegungslehre des Taiji als Ausatmung und Einatmung benannt, während wir dies im Westen genau andersherum benennen. Die Ausatmung-Einatmung Variante hat den interessanten Aspekt, dass erst Entspannung und „Raum schaffen“ für Neues vorhanden sein muss, bevor das Einatmen geschehen kann - und zwar ganz, ohne Willentliches hinzutun. Wo Ausatmen stattfindet, da folgt Einatmen ganz von allein.


In unserer Formarbeit legen wir in bestimmten Übungsphasen keinen Fokus auf einen vorgegeben Atemrhythmus, sondern folgen in diesen eher dem Prinzip, dass sich der Atem von alleine regulieren kann und soll, wenn wir ihm den Raum dafür lassen. Stets gibt es die Beschreibung des „kehligen Ausatmens“, der ein tiefes und entspanntes Atmen begünstigt. Darüber hinaus bilden die weichen und kraftvoll aufgespannten Bewegungen des Taijiquan (s.u.) eine gute physische Grundlage, damit sich der Atem entfalten kann.


Die physiologische Wirkung des Atems in Kürze:
- Selbst-Regulation des Vegetativums durch Parasympatikusaktivierung bei der Ausatmung sowie Sympatikusaktivierung bei der Einatmung
- Erhöhung der Sauerstoffaufnahme, Erhöhung der Abgabe von Co2
- „Massage“ der inneren Organe durch eine vertiefte Bauatmung
- Förderung des venösen Rückstroms durch einen Unterdruck im Bauchraum bei der Ausatmung
- Ingangsetzen des Leitbahnflusses (s.u) durch Wechsel von „Anfüllen und Leeren“

 

Die Wirkebene der Bewegung

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An dieser Stelle möchte ich das Konzept der Leitbahnen oder bekannter, wenn auch nicht richtiger, der „Meridiane“ vorwegstellen. Leitbahnen sind „Gefäße“ - ähnlich dem Kreislaufsystem, die wie ein großes Netz über den ganzen Körper verteilt sind. Mit dem Unterschied, dass sich in diesen Leitbahnen kein Blut, sondern Energie ihren Weg bahnt. Energie kann man in diesem Sinne als eine Art Bereitschaft des vegetativen Systems verstehen, eine bestimmte Funktion zu erfüllen. Diese Funktion kann der Aktivierung, dem Transport, der Erwärmung, der Abwehr, dem Schutz, etc. also diversen Zwecken dienen. Viele Leitbahnen verlaufen oberflächlich in den Schichten der Haut und Unterhaut. Diese sind verschiedenen Organen (z.B. Magen/Milz, Lunge/ Dickdarm, usw.) zugeordnet - neue Betrachtungsweisen sehen viele Parallelen zwischen den Faszienzügen und dem System der Leitbahnen. Ähnlich wie bei den Faszien gibt es jedoch auch tief liegende Leitbahnen die z.B. entlang der Muskeln oder auch direkt vor der Wirbelsäule im Bauchraum verlaufen - dies sind dann die Muskel-, Sonder- oder Extraleitbahnen.


Die den Organen zugeordneten Leitbahnen beginnen bzw. enden an den Fingern oder Zehen. Daher ist es auch so wichtig, diese besonders mit in das Training zu integrieren - die greifenden Zehen sowie die wachen und agilen Hände und Finger, bekommen vor diesem Hintergrund nochmal eine besondere Bedeutung. So hat das ständige Wechseln der Kräfte der Hände wie z.B. Stützen, Drücken, Bohren, Pressen, etc. neben dem Kampfkunstaspekt auch eine deutliche Wirkung auf die Leitbahnstimulation.


Die Funktionen dieser Leitbahnen und der auf ihnen befindlichen Punkten (Akupunkturpunkte) sind sehr vielfältig und die Erläuterung würde hier den Rahmen sprengen. Dazu mehr in einem weiteren Artikel. Es sei nur grob erklärt, dass es Yin- und Yang-Leitbahnen gibt. Die Yin- Leitbahnen verlaufen sowohl an den Extremitäten als auch am Rumpf eher innen bzw. vorn, die Yang-Leitbahnen verlaufen eher außen bzw. hinten. (Die Magen- und Milz-Leitbahnen bilden hier Ausnahmen.)


Wenn wir nun während des Taiji-Trainings darauf achten, die verschiedenen Anforderungen zu beherzigen (Verwurzeln, Scheitelkraft, Brust geleert, Dantian gefüllt, Spiralkraft, Peng/ Expansionskraft...), ist unser Körper sanft und gleichzeitig kraftvoll aufgespannt. Für die Leitbahnen bedeutet dies, dass die „Energiekanäle“ geöffnet sind und die Energie dadurch freier fließen kann. Dies wird durch den ständigen spiraligen Wechsel von Öffnen und Schließen, innerem Steigen und Setzen und durch ein damit verbundenes Ausdehnen und Zusammenziehen quasi im Sinne eines Saug-Pumpmechanismus unterstützt. 


Im Vergleich von Taijiquan und Qigong ist klar zu erkennen, dass die Form des Taijiquan verstärkt den nicht endenden Bewegungsfluss und eine eher ins „Außen“ gerichtete Intention im Fokus hat, da es ja neben allen gesundheitsfördernden Aspekten eine Kampfkunst ist und als solche erhalten bleiben soll.
Qigong hingegen, welches stärker im Gesundheitsfördernden Bereich angesiedelt ist, ermöglichtet es aufgrund der weniger komplexen Bewegungen leichter den Schwerpunkt auf Symmetrie und die Verbindung von Innen- und Außenbewegung zu legen (z.B. Atmung und Rumpf- sowie Extremitätenbewegungen).
Beide Bewegungslehren jedoch sind wahre Schätze im Sinne der Lebenspflege, indem sie Praktizierende in die Selbstwirksamkeit führen. Bei regelmäßigem Üben sind sie in der Lage dazu, sowohl Körper als auch Geist und Seele auf eine höhere Stufe an Gesundheit zu heben.

 

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