Was ist die Stehende Säule (chin. 站桩 zhan zhuang)?
Stehende Säulen werden in den chinesischen Kampfkünsten und im Qigong überall verwendet. Sie bezeichnen grundsätzlich eine große Vielzahl von sehr unterschiedlichen Übungen. Nach außen wirken sie unbeweglich, was ihnen den Namen eingebracht hat. Ihre äußeren Erscheinungsbilder sind mannigfaltig und hinsichtlich Gewichtung und Koordination der Gliedmaßen nicht einheitlich strukturiert. Was genau im Inneren passiert, ist ebenfalls von Stil nach Stil bzw. von Kunst zu Kunst recht unterschiedlich. Das innere Bild, welches häufig angewendet wird, ist das "Stehen wie ein Baum", welches die Idee der Stabilität (Verwurzelung) nach unten und das der Mobilität und Beweglichkeit (quasi der "Äste") nach oben hin verdeutlicht. Es gibt viele Namen für Standübungen, zum Beispiel das "Wuji Stehen" (wuji zhuang) mit gerundeten Armen, die "Drei-Körper-Stellung" (santishi) aus dem Xingyiquan oder auch die "festen Stellungen" (dingshi) aus dem Form-Training.
Basisanforderungen und Kraftübung für Anfänger
In unserem Chen-Stil Taijiquan haben die Säulenübungen mehrere Bedeutungen. Zum Einen kann man sie für Anfänger/innen als eine Art Kraftübung in tieferen Ständen trainieren. Das mag einigen profan erscheinen, führt aber zu deutlich schnelleren Fortschritten im Taijiquan, wenn man denn einige Anforderungen beachtet! Zum Anderen kann man die "Stehende Säulen" für das Training unserer Basisanforderungen aus dem Kurrikulum nehmen. Alle 18 Basisanforderungen können nach und nach in einer zumindest äußerlich recht simplen Stellung umgesetzt werden. Stabilität, Ausrichtung und korrekte Entspannung sind hier die primären Übungsziele. Dafür kann man die Säulen gut nutzen, für die Bewegungsmethoden und andere Inhalte aus dem Kurrikulum aber natürlich nicht. Chen Yu rät, die Säulen erst nach einem Jahr Form-Training zu beginnen, da Haltung und Atmung vorher noch zu wenig verstanden werden und die Übungen sonst zu Problemen führen können.
Prinzipiell besteht auch etwas die Gefahr, dass Anfänger steif und unbeweglich durch diese Übungen werden. Ebenso ist es für die Zirkulation nicht immer zuträglich, zu viel zu stehen. Gerade am Anfang, wenn man die inneren Bewegungen noch nicht verstanden hat. Wenn man sich häufig schlapp und verbraucht nach dem Stehen fühlt, sollte man nicht zu viel Säulen trainieren und Rat aufsuchen.
Extrem wichtig ist vor allem die korrekte Ausrichtung der unteren Extremitäten, da ein nachhaltiges Üben wegen Fehlbelastungen in Hüfte, Knien und Füßen sonst schwierig wird und Stagnation kaum zu vermeiden ist.
Fortgeschrittene Übungen für Verbindungen
Eine fortgeschrittene Variante beinhaltet das Üben der 12 Zusammenschlüsse unseres Kurrikulums. Geht es im ersten Schritt eher um das Verstehen der statischen Anforderungen des Sinkens, Aufrichtens, Weitens, Zentrierens und so weiter, geht es hier um die Koordination der unterschiedlichen Bestandteile. Die erste Stufe ist also das Zergliedern der unterschiedlichen Anforderungen, also auch das analytische Verständnis der Basisanforderungen. In dieser fortgeschrittenen Stufe geht es vielmehr um das Verbinden. Damit sind vielfältige und sehr konkrete körperlich-geistige Aktionen gemeint. Hier entsteht durch den Zusammenschluss des Körpers - über Knochen, Sehnen und Atmung - langsam eine Art "Ballonstruktur".
Innere Arbeit in den Säulenübungen
Sind die vorherigen Trainingsstufen 1 und 2 erlernt, kann man nach ausgiebigem Training Inhalte der 3. und vor allem 4. Trainingsstufe hinzunehmen und den "Ballon" des Taiji-Körpers sozusagen auffüllen. Dort geht es hauptsächlich um die innere Arbeit, gezieltere Atemarbeit, die Integration von Ideen und Kräften und so weiter. Diese Stufe hat dann gefühlt kaum mehr etwas mit der ersten gemeinsam - außer eines geteilten Namens. Sie basiert aber auf den Trainingsinhalten der ersten Stufen. Obwohl sie äußerlich immer noch recht simpel erscheint, ist die innere Arbeit sehr fortgeschritten und entspricht den inneren Aspekten des Taijiquan Form-Trainings.
Die Einordnung der Säulenübungen als Anfänger-Übung oder fortgeschrittene Übung ist also nicht ganz einfach. Die "Stehenden Säulen" können sowohl als Anfänger-Übungen und zum Training der Basisanforderungen genutzt werden, aber ebenso als Übungen für sehr fortgeschrittene Inhalte, die man eher dem Neigong zuordnen würde. Wenn diese fortgechrittenen Inhalte aber nicht gelehrt werden, bleibt man bei der Anfänger-Übung stehen. Um diese Trainingsstufe irgendwann zu überwinden, müssen liebgewonnene Praktiken aus der Anfängerzeit ersetzt werden, um andere Trainings-Level zu erreichen. Auf diese Weise können die Säulen das Training unterstützen. Da sie so spezifisch auf bestimmte Inhalte ausgerichtet sind, können sie ohne Kenntnis der höheren Stufen das Training auch behindern.
WAS SIND SEIDENÜBUNGEN IM CHEN-STIL TAIJIQUAN (TAI-CHI)?